Wer mehrsprachig aufwächst, ist im Alter geistig fitter

Forscher verglichen in Studie die Hirnmasse von Senioren, die mit einer oder zwei Muttersprachen aufgewachsen sind

Von Cornelia Scherpe
27. August 2019

Viele Menschen wachsen heute zweisprachig auf. Eine solche Zweisprachigkeit, bei der von Geburt an quasi zwei Muttersprachen vermittelt werden, wird von manchen kritisiert und von anderen befürwortet. Auch Forscher sind sich keineswegs einig, ob Bilingualismus immer gut oder immer schlecht ist.

In der Diskussion zu Vor- und Nachteilen der mehrsprachigen Erziehung hat eine aktuelle Studie nun der Pro-Seite ein neues Argument geliefert. Demnach reicht die Nützlichkeit des Bilingualismus bis ins hohe Alter, denn diese Senioren sind geistig länger fit als Gleichaltrige mit nur einer Muttersprache.

Studie zur Zweisprachigkeit

An der Studie nahmen 224 Männer und Frauen teil, die eine Muttersprache hatten und 175 Vergleichspersonen, die zweisprachig aufgewachsen waren. Die Forscher aus Aachen, Düsseldorf und Jülich untersuchten nun mittels bildgebender Verfahren, wie verschiedene Hirnregionen aller Teilnehmer aussahen. Am wichtigsten war die graue Hirnmasse im linken Stirnlappen und im linken Scheitel­­lappen. Dort sitzen Regionen, die für Sprachverstehen und Sprechen zuständig sind.

Mehr Hirnmasse dank Bilingualismus

Das Ergebnis in jungen Jahren war eindeutig: Wer bilingual aufwuchs, hatte in beiden Regionen mehr Hirnmasse. Zwar nahm die graue Substanz in beiden Teilgruppen mit den Jahren ab, doch selbst im Seniorenalter hatten die zweisprachig Aufgewachsenen noch mehr Volumen. Erst ab einem Alter von durchschnittlich 60 Jahren glich sich die Menge im Stirnlappen an. Im Scheitellappen hingegen blieb sie noch bis ins Alter von 80 Jahren dank Bilingualismus größer und wich erst dann der Angleichung.

Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass selbst nach dem Verschwinden des Vorteils an Hirnmasse die zweisprachigen Senioren mental fitter sind. Die Scans über die Lebensjahre hinweg zeigen, dass die Nervenzellen im Gehirn bei ihnen allgemein besser vernetzt sind. Das bedeutet zum einen, dass der Informationsaustausch besser ist und zum anderen arbeitet das Gehirn stabiler. Beides sollte der geistigen Fitness sehr zuspielen.

Die Wissenschaftler möchten als nächstes untersuchen, wie die Sprachregionen im Gehirn im Detail miteinander kommunizieren und auch klären, ob durch ein späteres Erlernen einer neuen Sprache ebenfalls kognitive Reserven dieses Ausmaßes aufgebaut werden können. Dies würde einen effektiven und einfachen Therapieansatz bieten, um im Alter mental fit zu bleiben.