Baby aus dem Beutel? Biobag soll für extreme Frühchen die Gebärmutter ersetzen

Weiterentwicklung der Frühchen-Versorgung - kommt bei Frühgeburten bald eine künstliche Gebärmutter zum Einsatz?

Von Cornelia Scherpe
31. Mai 2017

Die Medizin ist inzwischen soweit, dass Kinder auch dann auf der Frühchenstation überleben, wenn die Geburt in der 22. Schwangerschaftswoche erfolgt. Da der kleine Körper in dieser Entwicklungsphase noch nicht allein lebensfähig ist, muss aufwendige Technik zum Einsatz kommen, damit der Kreislauf intakt bleibt.

Die Lungenflügel sind noch nicht fertig ausgebildet, was ein eigenständiges Atmen für die Kinder unmöglich macht. Die Sterblichkeit dieser Kind sinkt inzwischen zwar, doch spätere Behinderungen bei den Überlebenden sind aufgrund zeitweiser Unterversorgung mit Sauerstoff sehr häufig.

Eine Weiterentwicklung der Frühchen-Versorgung könnte die Betreuung im Krankenhaus nun revolutionieren: Forscher entwickeln eine künstliche Gebärmutter, in denen bereits Lämmer-Frühchen ohne mütterliche Gebärmutter heranwachsen konnten.

Erfolgreicher Verlauf bei frühgeborenen Lämmern

Für das Experiment nahm man acht gesunde Schafe, die trächtig waren. Ihre Jungtiere wurden zwischen dem 105 und 120 Tag der Schwangerschaft mittels Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Das entspricht auf den Menschen umgerechnet der 23. bis 24. Schwangerschaftswoche.

Die Lämmchen waren also extreme Frühchen und wurden sofort nach dem Kaiserschnitt in den bereitliegenden Biobag gebettet. Es handelt sich um einen Beutel aus medizinischem Kunststoff.

Das Frühchen wird in den Biobag gelegt und ist wie in der Gebärmutter von der Außenwelt steril abgeschnitten. Der Biobag ist mit einer passenden Flüssigkeit gefüllt, um die Umgebungstemperatur und das "Schweben" in der Gebärmutter ideal nachzuahmen.

Über den Biobag erhielten die jungen Tiere alle notwendigen Nährstoffe, indem die Nabelschnur durch den Beutel hindurch mit einer Maschine verbunden wurde. Die noch nicht eigenständig lebensfähigen Tiere lagen die restlichen Wochen einer normalen Trächtigkeit im künstlichen Fruchtwasser und bekamen über die Kanüle in ihrer Nabelschnur eine passende Nährstoffversorgung. Das künstliche Fruchtwasser wurde beständig erneuert und blieb damit "frisch".

Nicht unbedingt auf den Menschen übertragbar

Es zeigte sich, dass die Lämmer sich im Biobag altersgerecht entwickelten. Die Lunge konnte sich in Ruhe ausbilden, durch Augenbewegungen zeigte sich ein gesunder Schlaf-Wach-Rhythmus und sie schluckten Fruchtwasser, was normal ist.

Was bei Lämmern bereits gut funktioniert, kann jedoch nicht sofort auf den Menschen übertragen werden. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um Säugetiere, doch die Entwicklung des menschlichen Gehirns ist anders. Zudem stehen ethische Fragen im Raum. Die Forscher rechnen mit einer Wartezeit von zehn Jahren, bis erste Menschenkinder im Biobag liegen.