Ein Bluttest soll Schütteltrauma durch Missbrauch künftig nachweisen

Drei Biomarker können in Kombination auf eine Hirnverletzung hindeuten

Von Cornelia Scherpe
3. Mai 2017

Der Arzt spricht vom Schütteltrauma, wenn ein Säugling durch eine Aufsichtsperson hin und her geschüttelt wird. Da der Kopf bei Babys im Verhältnis zum Körper noch sehr groß ist und der Nacken keine starke Muskulatur besitzt, wird vor allem das Gehirn zu stark bewegt. Es kann zu Hirnschäden kommen, die in bis zu 27 Prozent der bekannten Fälle tödlich enden. Neben sofortigen Durchblutungsstörungen oder Nervenschädigungen ist auch die Bildung eines Ödems möglich. Der Tod tritt dann oft erst einige Wochen nach der Misshandlung ein.

Bislang ist es für Kinderärzte kaum möglich, ein Schütteltrauma objektiv zu diagnostizieren. Zwar können blaue Flecken an den Armen des Kindes auf das starke Festhalten beim Schütteln hindeuten, aber eine echte Diagnostik gibt es bisher nicht. Auch die typischen Symptome wie Unruhe und Erbrechen beim Kind können viele weitere Ursachen haben. Wissenschaftler in den USA wollten für Gewissheit sorgen und haben einen Bluttest entwickelt.

Wie der Test funktioniert

Der Test funktioniert über eine kleine Blutprobe des Kindes. Im Labor wird diese auf insgesamt drei Biomarker getestet, die allesamt auf Hirnverletzungen hindeuten. Lag ein Schütteltrauma vor, steigen die Werte der Marker MMP-9 und NSE an. Der dritte Biomarker, VCAM-1, sinkt dagegen bei Hirnblutungen ebenso wie der Hämoglobin-Wert im Blut. Eine erste Studie zeigt eine gute Quote. Die Sensitivität, also die Fähigkeit des Screenings, tatsächliche Schütteltrauma-Kinder zu benennen, lag bei 86 Prozent.

Für die erste Studie konnten die Forscher 99 gesunde und Kinder vergleichen. Bei rund der Hälfte war durch eine Kernspintomographie die Verletzung im Gehirn bestätigt, die andere diente als Kontrollgruppe. Durch den Vergleich der Blutwerte beider Gruppen konnten die Wissenschaftler die einzelnen Grenzwerte für ihre Marker festlegen. Im Anschluss daran untersuchten sie 599 Kinder auf das Schütteltrauma und konnten mit 86 prozentiger Wahrscheinlichkeit die tatsächlichen Patienten erkennen.

Fazit

Allerdings lag die Spezifität, also der Wert für Gesunde, die als gesund erkannt werden, nur bei 49 Prozent. Dieser Wert ist noch zu klein, um den Test als alleiniges Mittel der Diagnostik zu nutzen. Immerhin würde jedes zweite Kind ohne Hirnverletzung trotzdem ein positives Ergebnis bekommen.

Sinnvoll wird der Bluttest aber, um bei positivem Ergebnis eine Kernspintomographie anzuordnen. Bislang verzichten viele Ärzte darauf, da die sonstigen Hinweise auf ein Schütteltrauma zu klein sind.