Eine Frage der Erziehung: bei zu viel Geborgenheit wird seltener Mitgefühl erlernt
Eine aktuelle Studie macht deutlich, dass Eltern es mit der Geborgenheit in der Erziehung nicht übertreiben dürfen
Die Erziehung eines Kindes ist kompliziert. Als Eltern möchte man alles richtig machen und tappt doch in die eine oder andere Falle. Damit Kinder genügend Kraft für die rauen Seiten des Lebens bekommen, legen die meisten Eltern instinktiv Wert auf Geborgenheit im Eltern-Kind-Alltag. Durch die elterliche Wärme sollen Sohn und Tochter in Ruhe reifen können und sich immer geliebt fühlen.
Krisen und Geborgenheit in der sozialen Welt
Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass Eltern es mit der Geborgenheit auch nicht übertreiben dürfen. Damit ist nicht gemeint, dass Kinder sich bedrängt und eingeengt fühlen können, sondern das durch die Geborgenheit eine wichtige Fähigkeit für den späteren Alltag eventuell nicht gelernt wird: Mitgefühl.
Zu diesem Schluss kommt eine Studie, in der deutsche und finnische Forscher zusammen 1.500 Jugendliche begleiteten. Die Mädchen und Jungen waren zu ihrer Kindheit befragt worden und die Antworten mit dem aktuellen Sozialverhalten verglichen. Es zeigte sich, dass die Teenager aus den besonders behüteten Elternhäusern deutlich seltener sozial engagiert waren. Dagegen fand man die mit durchwachsenem Elternhaus vermehrt in sozialen Projekten.
Theorien zur moralischen Verpflichtung
Die Forscher erklären diesen Effekt mit zwei möglichen Modellen:
Kinder, die viel Geborgenheit bekommen, erleben automatisch weniger Krisen innerhalb ihrer sozialen Welt. Sie sehen es daher auch nicht als notwendig an, diesen sicheren Rahmen später zu verlassen und Energie in andere zu stecken. Es herrscht ein Missverständnis vor, dass es anderen womöglich schlechter geht.
Das zweite und vermutlich öfter zutreffende Szenario: Den ehemaligen Kindern fehlt das Mitgefühl im größerem Maßstab. Sie empfinden keine moralische Pflicht sich für andere Menschen in schlechterer Lage zu engagieren.
Die Forscher raten daher Eltern, ihre Kinder frühzeitig für Probleme des Gemeinwesens zu sensibilisieren. Es ist auf keinen Fall notwendig, ihnen Geborgenheit zu entziehen, aber es hilft, ihnen die Augen zu öffnen, dass andere Menschen weniger Glück im Leben hatten.
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