In Russland verstirbt ein Kind an Milzbrand

Erstmals seit 1941 ist es im Norden Russlands wieder zu Infektionen mit der seltenen Krankheit gekommen

Von Cornelia Scherpe
11. August 2016

Milzbrand wird in der Medizin auch Anthrax genannt und gilt in Russland als seltene Infektionskrankheit. Auch in Deutschland gab es seit über 20 Jahren keinen Fall mehr. Ausgelöst wird Milzbrand durch ein Bakterium namens "Bacillus anthracis" und wird dem Menschen nur in hoher Dosis gefährlich.

Infektionsherd im Norden Russlands

Da eine Übertragung von Mensch zu Mensch bislang nie beobachtet werden konnte, gehen Ärzte davon aus, dass jeder Milzbrand-Fall durch einen externen Infektionsherd entsteht. In Jamalo-Nenezki, ein Bezirk im Norden Russlands, muss es einen solchen Ansteckungsplatz geben, denn erstmals seit 1941 ist es dort wieder zu Infektionen gekommen.

Insgesamt 72 Personen sind mit dem Verdacht auf Anthrax ins Krankenhaus gekommen. In 41 Fällen handelt es sich um Kinder und einer dieser jungen Patienten ist nun an den Folgen der Infektion verstorben. Im Fall des zwölfjährigen Jungens gilt die Diagnose Milzbrand als gesichert und auch acht weitere Patienten leiden definitiv daran.

Tiere und Friedhof im Zentrum der Aufmerksamkeit

Wie das Stäbchenbakterium in die Körper der Betroffenen gekommen ist, wird derzeit mit Hochdruck untersucht. Die Region Jamalo-Nenezki wurde erst einmal unter Quarantäne gestellt. Laut den Behörden vor Ort sind alle Infizierten und Verdachtspatienten Rentierhirten, beziehungsweise deren Kinder und nahen Verwandten. Um eine Ausbreitung der Erreger zu vermeiden, wurden daher bereits 2.300 Rentiere getötet und 40.000 Tiere geimpft.

Neben den Tieren als Problemherd gehen Forscher auch einer zweiten Spur nach. Dabei steht ein historischer Friedhof im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die tödlichen Bakterien könnten dort seit langem konserviert sein und wurden nun durch die besonders hohen Sommertemperaturen quasi aus dem Winterschlaf geweckt.

Früher wurden die Toten gefroren in Holzsärgen über der Erde zur Ruhe gelegt. Ein Vergraben im Boden sah man aufgrund der kalten Durchschnittstemperatur als unnötig an. Da durch den Klimawandel aber auch in Nordrussland die Temperaturen stetig steigen, könnte der Friedhof jetzt viele Milzbrand-Erreger freisetzen.