Kurzsichtigkeit hängt oft mit dem Bildungsniveau zusammen, jedoch nicht mit der Intelligenz

Brillenträger nicht automatisch klüger, verbringen in der Regel jedoch mehr Zeit mit Lernen und Naharbeit

Von Cornelia Scherpe
18. Oktober 2016

Bei der Kurzsichtigkeit ist der Augapfel so verändert, dass einfallendes Licht nicht auf der Netzhaut gebrochen wird, sondern der Brennpunkt hinter ihr liegt. Daher erscheinen weiter entfernte Dinge für Menschen mit Kurzsichtigkeit verschwommen. In der Medizin spricht man von der Myopie, die weltweit immer mehr Menschen betrifft.

Dabei steht seit längerem die Theorie im Raum, dass Myopie mit der Intelligenz eines Menschen Hand in Hand geht. Die Alltagsbeobachtung zeigt, dass viele Menschen aus "gehobenen" Berufen eine Brille benötigen. Doch kann man das wissenschaftlich belegen?

Turm von London-Test

Ein Forscherteam aus Mainz hat mit 4.000 Freiwilligen ein Experiment durchgeführt. Die Männer und Frauen waren zwischen 40 Jahren und 79 Jahren alt und benötigten entweder keine Brille, oder eine Sehhilfe gegen Kurzsichtigkeit. Alle wurden gebeten, den sogenannten TOL-Test zu absolvieren.

Dieser "Turm von London"-Test arbeitet mit Kugeln und Stäben, die so zusammengebaut werden müssen, dass eine vorgelegte Figur nachgebaut wird. Der Test kennt verschiedene Varianten mit festen Regeln und gilt als umso besser bestanden, je weniger Züge der Bastelnde benötigt.

  • Im Test erreichte die Gruppe der Brillenträger im Schnitt einen TOL-Wert von 14.
  • Die Gegengruppe lag mit 12,9 etwas darunter.

Schul- und Ausbildung entscheidend

Das spricht auf den ersten Blick dafür, dass die Intelligenz der Brillenträger höher ist. Die Forscher besahen sich aber zusätzlich die Bildungsjahre jedes Teilnehmers. Dabei zeigte sich, dass der Test umso besser abgeschnitten wurde, je mehr Bildung ein Proband erfahrenen hatte.

Das wiederum bedeutet, dass nicht der IQ entscheidend ist, sondern die Zeit und Kraft, die insgesamt in die Schul- und Ausbildung gesteckt wurde. Das bestätigt die Annahme, das Brillenträger nicht automatisch klüger sind, aber mehr Zeit mit Lernen und damit Naharbeit (mit Büchern und an Monitoren) verbringen.