Löst ein Virus die Glutenunverträglichkeit beim Menschen aus?

Viren wie das Reovirus TIL könnten für die Darmbeschwerden verantworlich sein

Von Cornelia Scherpe
28. April 2017

Es gibt Menschen, die das Gluten in vielen Getreideprodukten nicht richtig verdauen können. Die Schleimhaut im Dünndarm reagiert bei ihnen auf das Klebereiweiß und es kommt zu Entzündungen. In der Fachsprache nennt der Arzt das Leiden eine Zöliakie und Betroffene müssen auf eine glutenfreie Ernährung achten.

Die Unverträglichkeit ist bislang nicht erschöpfend erforscht. Man kennt zwar den Auslöser der Darmbeschwerden und weiß auch, dass die Zöliakie eine Mischung aus Allergie und Autoimmunerkrankung ist, doch es bleiben Fragezeichen.

Eines dieser Fragezeichen: Wie entsteht die Glutenunverträglichkeit in erster Instanz? Wird man mit der Veranlagung geboren oder lösen Umweltbedingungen sie aus? Forscher aus den USA haben sich diesen Fragen gewidmet und eine spannende Entdeckung gemacht.

Untersuchungen im Labor

Die Wissenschaftler arbeiteten im Labor mit der Reovirus-Familie. Darunter war beispielsweise der Reovirus TIL, der oft den menschlichen Darm befällt und dort trotz Infektion keine akuten Reaktionen hervorruft. Andere Viren, wie etwa T3D, befallen nach aktuellen Wissensstand den Darm eines Säugetiers zwar nicht, konnten im Labor aber so verändert werden, dass sie bei Mäusen im Darm siedelten.

Man nahm nun gesunde Versuchstiere und übertrug die Viren. TIL löste eine Glutenunverträglichkeit aus, sobald die Tiere viel Gluten in der Nahrung erhielten. Gewebeproben zeigten, dass die Mäuse auffallend mehr Antikörper gegen das Klebereiweiß bildeten. Es kam also zur Immunreaktion, wie man sie auch bei Menschen mit Zöliakie beobachten kann. T3D dagegen zeigte keinerlei Einfluss bei glutenhaltiger Nahrung.

Interpretation der Studie

Die Studie legt damit den Verdacht nahe, dass die Glutenunverträglichkeit eventuell in jungen Jahren durch eine Vireninfektion erworben wird. Da die eigentliche Infektion ohne Symptome verläuft, bemerken Eltern nicht, wenn ihr Kind das Virus in sich hat. Was die Idee untermauert, ist die Zeit Jahren zu beobachtende Tatsache, dass Zöliakie-Betroffene in Blutproben häufig vermehrt Antikörper gegen Reoviren zeigen.