Modediagnose ADHS: Immer mehr Kinder schlucken Ritalin

Erste Mediziner sprechen bereits von der "Generation ADHS"

Von Nicole Freialdenhoven
30. Januar 2013

Die sogenannte Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS genannt, entwickelt sich zu einer Volkskrankheit unter Minderjährigen: Erste Mediziner sprechen schon von einer "Generation ADHS". Wie aus dem neuesten Arztreport der Barmer GEK hervorgeht, stieg die Zahl der ADHS-Diagnosen zwischen 2006 und 2011 von 2,92 auf 4,14 Prozent aller Kinder und Jugendlichen bis 19 Jahre. Insgesamt sind in Deutschland 750.000 Personen von ADHS betroffen.

Vorschnelle Medikamentenvergabe

Auffällig ist die Steigerung bei Jungen: Bei jedem fünften im Jahr 2000 geborenen Jungen wurde in diesem Zeitraum ADHS festgestellt. Bei den Mädchen des gleichen Jahrgangs waren es nur 7,8 Prozent. Entsprechend stark stiegen auch die Verordnungen des ADHS-Medikaments Ritalin an, mit dem die Kinder ruhig gestellt werden: 2011 schluckten schon 7% der elfjährigen Jungen und 2% der gleichaltrigen Mädchen Ritalin.

Modediagnose zur Ruhigstellung

Problematisch ist nach Ansicht einiger Experten die Modediagnose ADHS für unruhige, schlecht erzogene und besonders lebhafte Kinder, die nun bequem mit Pillen ruhig gestellt werden, statt auf familiäre Faktoren Rücksicht zu nehmen. So sinkt das ADHS-Risiko bei Kindern, deren Eltern eine höhere Ausbildung haben und bei älteren Eltern.