Neue Behandlung könnte Multiple Sklerose heilbar machen

Der neu entwickelte Antikörper "anti-LINGO-1" soll als Reparaturhilfe für das geschädigte Nervensystem fungieren

Von Cornelia Scherpe
21. April 2015

Multiple Sklerose ist bisher eine chronische Krankheit ohne Heilungsaussicht. Patienten können zwar mit Medikamenten lange Zeit eine relativ hohe Lebensqualität halten, doch mehr nicht.

Die einmal angerichteten Nervenschäden kann die Medizin derzeit nicht umkehren. Forscher geben jedoch bekannt, dass sich genau das in nicht allzu ferner Zukunft ändern könnte.

Antikörper bietet Hilfe zur Selbsthilfe

Man hat einen Antikörper entwickelt, der multiple Sklerose nicht nur stoppen kann, sondern auch als Reparaturhilfe in das Nervensystem eingreift. Sollte MS so wirklich heilbar werden, wäre das ein revolutionärer Durchbruch in der Medizin.

Der Wirkstoff trägt bisher den Namen "anti-LINGO-1", denn er richtet sich gegen das Molekül "Lingo-1". Dabei handelt es sich um ein Eiweiß, das in den beschädigten Nervenzellen vorkommt. Es verhindert dort, dass Heilungsprozesse in Gang gesetzt werden.

Indem der Antikörper das Protein hemmt, kann die Zelle sich daran machen, sich selbst zu heilen. Bei dem neuen Wirkstoff handelt es sich also um eine Hilfe zur Selbsthilfe.

Test mit an Sehnerventzündung leidenden Probanden

Nach ersten und viel versprechenden Laborversuchen wurde der Antikörper bereits bei 82 Freiwilligen getestet. Bei diesen Patienten handelte es sich um Menschen mit einer Entzündung unmittelbar im Sehnerv.

Man wählte diese Probanden aus, da bei einer Sehnerventzündung vergleichbare Prozesse wie bei MS ablaufen. Es entzündet sich die sogenannte Myelinschicht, die direkt um die Neuronen herumliegt. Im Falle der Testpersonen führte das zu schmerzenden Augen und Sehstörungen.

Alle Teilnehmer bekamen ein Kortisonpräparat und 41 von ihnen sechs Infusionen des neuen Antikörpers. Bei den übrigen 41 Patienten arbeitete man neben dem Kortison nur mit Placebos.

Antikörper-Therapie führt in 50 Prozent der Fälle zur Heilung

Nach einem halben Jahr zeigte sich, dass die Antikörper-Therapie zu einer deutlich besseren Genesung des Sehnervs geführt hatte. 50 Prozent der "anti-LINGO-1"-Gruppe waren geheilt, oder hatten sich zumindest sehr gut erholt. Dieser Erfolg stellte sich nur bei 25 Prozent der Patienten in der Placebogruppe ein.