Prostatakrebs: die neue "flüssige Biopsie" warnt frühzeitig vor Resistenzen

Durch die neue Vorsorgeuntersuchung können Ärzte im Labor Blut auf DNS-Fragmente des Tumors untersuchen

Von Cornelia Scherpe
10. November 2015

Männer mit Krebs in der Prostata haben diverse Optionen der Therapie. Wer sich

  • für eine chirurgische Kastration (Entnahme der Drüse) oder
  • für eine chemische Kastration (medikamentöse Unterdrückung der Hormonproduktion)

entscheidet, gewinnt kostbare Zeit. Leider kann der Krebs in beiden Fällen wiederkommen, da die Kastrationen nicht alle Tumorzellen besiegt und überlebende Zellen einen neuen Tumor bilden können.

Die klassische Biopsie und ihre Alternative

Seit 2011 gibt es den Wirkstoff "Abirateron" und seit 2013 "Enzalutamid". Beide sollen verhindern, dass Tochterzellen des Krebs' auch nach der Kastration im Körper neu siedeln und damit einen Rückfall provozieren. Ob und wann ein Patient jedoch trotz der Mittel eine Resistenz entwickelt, konnte man bisher nur schwer einschätzen.

Grund dafür: Bisher war es notwendig, eine klassische Biopsie durchzuführen. Dafür muss lebendes Gewebe aus der betroffenen Region entnommen werden. Dieser Eingriff ist für Patienten unangenehm und mit Risiken belastet. Eine Wende in der Behandlung bringt jedoch die neue "flüssige Biopsie".

Die flüssige Biopsie

Bei der flüssigen Biopsie muss kein Gewebe im klassischen Sinne entnommen werden, denn es genügt eine Blutprobe. Im Labor können die Ärzte darin nach DNS-Fragmenten des Tumors suchen. Bei jeder Krebsart kommt es nämlich immer wieder zum Zelltod einzelner Zellen.

Dabei werden Fragmente freigesetzt, die fortan in der Blutbahn zirkulieren. Die flüssige Biopsie kann diese Überreste, "ctDNA" genannt, im Blut nachweisen und in ihrer Zusammensetzung analysieren.

Resistenz und Vorsorge

In einer Studie wurde gezeigt, dass bei einer Resistenz gegen die beiden Wirkstoffe

  1. "Abirateron" und
  2. "Enzalutamid"

die Mutationen, die für diese Resistenzen verantwortlich sind, direkt in der ctDNA nachweisbar sind. Das bedeutet, dass bei einer flüssigen Biopsie erkannt werden kann, ob die Wirkstoffe noch funktionieren, oder der Krebs die Oberhand gewonnen hat.

Die Forschungsergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass die Veränderungen in den Tumorzellen bereits dann erkennbar sind, wenn die Resistenz noch nicht ausgeprägt ist. Das würde den Ärzten ein kleines Fenster einräumen, in der eine Gegenmaßnahme am besten greift.

Der Beginn einer Chemotherapie könnte der Resistenz dann zuvor kommen. Dafür allerdings müsste die flüssige Biopsie regelmäßig zur Vorsorge durchgeführt werden. Wie und ob das funktioniert, soll bald in einer Studie mit 600 Patienten überprüft werden.