Studie: In bedrohlichen oder ungeordneten Situationen tendieren Menschen zu Vorurteilen

Müll und Unordnung schürt die Vorurteile

Von Frank Hertel
12. April 2011

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science" ist eine interessante Studie zweier niederländischer Forscher zu lesen. Diederich Stapel und Siegwart Lindenberg arbeiten an den Universitäten Tilburg und Groningen. Während eines Müllwerkerstreiks in Utrecht hatten sie eine zündende Idee für eine Feldstudie.

Bestärkt Müll unsere Vorurteile?

Als der Utrechter Hauptbahnhof völlig vermüllt war, zum Höhepunkt des Streiks, legten sie 40 hellhäutigen Reisenden einen Fragebogen zu den Themen Homosexualität und Islam vor. Beim Ausfüllen des Bogens mussten sich die Teilnehmer auf einen von sechs Stühlen setzen. Die Stühle standen in einer Reihe.

Auf einem der Stühle saß entweder ein hellhäutiger Mann, der so alt war wie die Befragten, oder es saß dort ein junger dunkelhäutiger Mann.

Als der Bahnhof wieder sauber war, weil die Müllmänner wieder arbeiteten, wiederholten die Wissenschaftler genau die gleiche Prozedur. Das Ergebnis ist verblüffend: Im vermüllten Bahnhof äußerten sich die Befragten sehr viel vorurteilsbeladener als im aufgeräumten. Die Antworten auf den Fragebögen waren viel extremer.

Außerdem setzten sie sich im vermüllten Bahnhof vom dunkelhäutigen Mann weiter weg als im aufgeräumten.

Erklärungsversuch

Die Forscher erklären sich das Phänomen damit, dass in einer unübersichtlichen Situation immer potentielle Gefahr droht. Die Menschen versuchen dann Ordnung in diese Situation zu bringen. Das tun sie, indem sie klaren Stereotypen nachgeben.

Diese Studie zeigt, dass Vorurteile und Diskriminierung dort wachsen, wo allein der äußere Anschein für Chaos und unübersichtliche Verhältnisse sorgt. Den Politikern empfehlen die Wissenschaftler daher, Städte und Regionen nicht herunterkommen zu lassen, um den Ruf der Bevölkerung nach einfachen Lösungen zu vermeiden.