Enttäuschung in der Medizinwelt: Sofortige Therapie nach HIV-Infektion schützt doch nicht auf Dauer

Von Cornelia Scherpe
22. Juli 2014

Bekannt wurde die junge Patientin als das "Mississippi-Baby". Die Mutter des Mädchens war HIV-positiv, was bereits während der Schwangerschaft bekannt war. Unmittelbar nach der Geburt 2010 wurde daher bei dem infizierten Neugeborenen sofort eine antiretrovirale Therapie begonnen. Normalerweise vergeht mehr Zeit, bis nach der Infektion gehandelt werden kann, doch in diesem besonderen Fall waren es weniger als 30 Stunden.

Das Resultat des schnellen Handelns machte Ärzten und HIV-Patienten weltweit Mut, denn das Mädchen schien durch die frühe Therapie den HI-Virus besiegen zu können. Nach 18 Monaten konnte die Vergabe von Medikamenten eingestellt werden und die kleine Patientin galt quasi als geheilt.

Virus hat vermutlich in T-Gedächtniszellen "geschlafen"

Nun ereilt das Kind, ihre Familie und die Medizinwelt jedoch ein herber Rückschlag: Der HI-Virus ist im Körper des Mädchens wieder aufgeflammt. Nachdem die antiretroviralen Medikamente insgesamt 27 Monate nicht mehr notwendig gewesen waren, ist die Virenlast im Blut des Kindes nun wieder nachweisbar.

Die Mediziner gehen davon aus, dass der Virus eben doch nicht vollständig besiegt worden war, sondern in T-Gedächtniszellen des Immunsystems "geschlafen" hat. Der Virus war damit inaktiv, aber noch vorhanden und hat sich nun, da für ihn offenbar keine akute Gefahr in Form von Medikamenten mehr besteht, erneut aktiviert.

Antivironale Therapie soll weiterhin so früh wie möglich begonnen werden

Ein Tierversuch bestätigte dies. Egal ob nach der Infektion drei oder 14 Tage mit der Therapie gewartet wurde, die Viren hatten sich bereits fest im Organismus eingenistet. Für die Medizinwelt ist das sehr enttäuschend, denn damit wird die Hoffnung infrage gestellt, dass ein sofortiger Therapiestart nach der HIV-Infektion zu einer Heilung führen kann. Dennoch bleibt die Leitlinie unverändert, dass antiretrovirale Medikamente so schnell wie möglich nach der Ansteckung eingenommen werden sollten. Auch wenn keine Heilung möglich ist, sinkt die Gefahr und im Allgemeinen sind die Mittel für den Patienten gut verträglich.