Rauchentwöhnung: Forscher klären, warum manche nach einem Schlaganfall nikotinfrei leben kann
Wissenschaftlern gelingt bei der Untersuchung rauchfreier Schlaganfallpatienten eine interessante Entdeckung
Bei einem Schlaganfall kommt es zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff. Je nachdem, welche Bereiche des Hirns dabei von der Versorgung abgeschnitten sind, fallen die Spätfolgen unterschiedlich aus.
Schlaganfall als Weckruf?
Es gibt Menschen, die vor dem Schlaganfall süchtig nach Zigaretten waren und nach dem Hirninfarkt plötzlich komplett rauchfrei leben. Nun könnte man sagen, der Schock des lebensbedrohlichen Zustandes hat sie zur Vernunft gebracht, aber so einfach ist es nicht.
Viele Menschen wissen, dass Rauchen ihr Leben gefährdet, aber der Drang ist einfach zu groß. Die Schlaganfallpatienten berichten aber, dass sie ohne Anstrengung keine Lust mehr auf Rauchen haben. Forscher untersuchten daher in einer Kohortenstudie das Gehirn von solchen Patienten genauer und machten eine interessante Entdeckung.
Studie zu Entzugserscheinungen
Die 135 Studienteilnehmer waren vor dem Hirninfarkt starke Raucher gewesen. Nach dem Schlaganfall untersuchte man die Gehirne mittels CT und MRT und stellte fest, dass bei 32 Patienten die sogenannte "Insula" beschädigt worden war. Dabei handelt es sich um ein Hirnareal direkt in der Großhirnrinde, die auf Bildern wie eine Insel aussieht. Daher auch der Name Insula oder Inselrinde.
Man befragte alle Patienten noch im Krankenhaus zu ihren aktuellen Entzugserscheinungen und interviewte sie noch einmal nach drei Monaten. Von 32 Patienten mit Beschädigung der Inselrinde hatten 22 das Rauchen komplett aufgegeben. Bereits in Krankenhaus hatten sie angeben, kein Verlangen mehr danach zu haben. In der Gegengruppe mit 103 Patienten waren es nur 38, die rauchfrei wurden.
Neue Form der Rauchentwöhnung?
Das zeigt einen klaren Zusammenhang, den man auf biologischer Ebene allerdings noch nicht erklären kann. Die genaue Funktion der Insula im Bezug auf Suchtverhalten ist nicht bekannt. Die Medizinwelt hofft aber, dass man sich dieses Wissen zunutze machen kann, um daraus eine neue Form der Rauchentwöhnung für Nikotinsüchtige zu entwickeln.
Es wäre beispielsweise denkbar, die Inselrinde mittels transkranieller Magnetstimulation so zu beeinflussen, dass der Drang nach Zigaretten verschwindet. Auch die tiefe Hirnstimulation steht als Option im Raum.
Passend zum Thema
- Raucher bekommen durchschnittlich zehn Jahre früher einen Schlaganfall
- Kanadische Studie: Raucher bekommen häufiger und früher einen Schlaganfall als Nichtraucher
- Gefäßverkalkung im Gehirn - Dreiviertel aller Schlaganfälle durch Atherosklerose
- Gehirn schützt sich selbst bei Schlaganfall: Protein schützt wichtige Zellen
- Immer bei der Arbeit und so verletzlich - das Gehirn und der Schlaganfall
Quelle
- http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/64077/Schlaganfall-Beschaedigung-der-Inselrinde-erleichtert-Rauchentwoehnung Abgerufen am 11. September 2015