Samenspenderkinder haben ein Recht auf das Wissen ihrer biologischen Herkunft

Gericht entscheidet, dass Persönlichkeitsrechte schwerer wiegen, als die ärztliche Schweigepflicht

Von Ingrid Neufeld
11. Februar 2013

Jeder Mensch hat das Recht, über seine Herkunft Bescheid zu wissen. Zu diesem Ergebnis kam das Oberlandesgericht Hamm, vor dem eine junge Frau geklagt hatte, weil sie wissen wollte, wer ihr biologischer Vater sei. Der Vater der heute 21-Jährigen ist ein anonymer Samenspender.

Doch das Oberlandesgericht schätzte das Recht des Spenders auf dessen Anonymität geringer ein, als das Recht der Klägerin auf das Wissen um ihren leiblichen Vater. Es ist ein Teil der Menschenwürde.

Persönlichkeitsrechte über Schweigepflicht

Zur Klage war es gekommen, weil der damals mit dem Eingriff betraute Arzt die Auskunft des Spendernamens mit dem Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflichten verweigerte.

Obwohl das Gericht diese Sichtweise nicht anerkannte, ist nicht sicher, ob die Klägerin nun Kontakt zu ihrem leiblichen Vater aufnehmen kann. Denn bisher sind die früheren Akten nicht auffindbar. Obwohl das Bundesverfassungsgericht schon 1989 ein Urteil verkündete, in dem es hieß, dass das Wissen um die Herkunft zu den Persönlichkeitsrechten zählt, müssen entsprechende Daten erst seit 2007 dreißig Jahre lang aufgehoben werden.

Gesetzliche Regelung für Deutschland

Trotzdem hat das Urteil auch für andere Betroffene Auswirkungen. Wenn es nach der Klägerin und ihrem Anwalt geht, soll in Deutschland eine gesetzliche Regelung zur Samenspende getroffen werden, um Kinder und Spender gleichermaßen zu schützen. Die Entbindung zur Unterhaltszahlung gehört hier ebenso dazu. Noch ist alles ein Graubereich.

Doch in Deutschland leben ungefähr 100.000 Bürger, die mit Hilfe einer Samenspende zur Welt kamen. Allerdings wissen davon nur 5 bis 10 Prozent von ihrer tatsächlichen Zeugung.