Schlafmangel: Gehirne von Kindern reagieren anders als die von Erwachsenen

Steht zu wenig Schlaf zur Verfügung, wenden heranwachsende Gehirne einen anderen Trick an als fertig ausgebildete

Von Cornelia Scherpe
30. November 2016

Schon lange ist man in der Medizin von dem Gedanken weg, dass Kinder einfach kleine Erwachsene sind. Medikamente müssen daher nicht nur in der Dosis an die anderen Körperverhältnisse angepasst werden, sondern es bedarf oft einer eigenen Kindertherapie. Eine aktuelle Studie zeigt einen neuen Unterschied auf: Die Gehirne der Heranwachsenden gehen anders mit Schlafmangel um.

Trick des erwachsenen Gehirns

Schlaf ist für jeden Menschen lebensnotwendig. Nur durch die Ruhestunden kann das Gehirn verschiedene Dinge verarbeiten, sich neu strukturieren und vor allem regenerieren. Kommt es bei einem Erwachsenen zu Schlafmangel, versucht das Gehirn dies mit einem Trick auszugleichen: Es intensiviert die Tiefschlafphasen. Der Betroffene befindet sich in den zu kurzen Stunden seiner Nachtruhe vermehrt im Stadium IV.

Erkennbar wird das im Schlaflabor durch ein EEG. Die Elektroenzephalografie zeigt langsame Hirnwellen und zwar vor allen Dingen im präfrontalen Kortex. Diese Hirnregion liegt im vorderen Hirnbereich und ist zuständig für

Gezielte Versorgung der Hirnregionen

Eine aktuelle Schlafstudie mit Kindern wollte überprüfen, ob heranwachsende Gehirne ähnlich mit einem Schlafdefizit umgehen. Die 13 Fünf- bis Zwölfjährigen wurden ebenfalls via EEG im Schlaf überwacht, was ein interessantes Ergebnis brachte: Auch ihre Gehirne glichen Schlafmangel durch vermehrten Tiefschlaf aus, doch die langsamen Hirnwellen waren nicht im präfrontalen Kortex. Das Muster zeigte sich im hinteren Bereich; besonders im Parietal- und Okzipitallappen. Dort liegen die Regionen, die wichtig sind für

  • das Sehen,
  • das räumliche Verständnis und
  • Reize aus der Umwelt.

Es sind genau die Bereiche, die bei Fünf- bis Zwölfjährigen stark in der Entwicklung sind. Das Gehirn reagiert also sehr geschickt auf dem Schlafmangel. Steht zu wenig Schlaf zur Verfügung, werden zuerst die Hirnregionen mit Tiefschlaf versorgt, die es aktuell am nötigsten haben. Bei Erwachsenen ist das Gehirn fertig ausgebildet und es daher sinnvoll, die Energie in den präfrontalen Kortex zu stecken, der am nächsten Tag wieder besonders aktiv sein muss.