Stress im Medizinstudium: Depressionen und Selbstmordgedanken treten gehäuft auf

Leistungsdruck und emotionale Belastung sind die Gründe für eine hohe Rate an Depressionen und Suizidgedanken

Von Cornelia Scherpe
14. Dezember 2016

Jeder Mensch geht individuell mit Stress und negativen Eindrücken um. Manche neigen dabei eher zu Depressionen als andere und auch Selbstmordgedanken können sich bei anhaltender Schieflage des Lebens einstellen. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass Medizinstudenten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein deutlich höheres Risiko tragen.

Eine akademische Ausbildung ist immer mit hoher, geistiger Arbeit verbunden. Viel Lehrstoff muss verstanden und gelernt werden. Das Studium der Humanmedizin gilt allgemein als besonders anspruchsvoll, denn neben Lerninhalten müssen viele Praktika absolviert werden.

  1. Die Studierenden sind daher täglich körperlich und geistig gefordert,
  2. müssen sich mit Krankheiten und ihren Folgen auseinandersetzen und
  3. begegnen Sterbenden im Krankenhaus.

Leistungsdruck und emotionale Belastung

Der Leistungsdruck und die emotionale Belastung sind offenbar die Gründe für eine hohe Rate an Depressionen und sogar Suizidgedanken. Eine Meta-Studie wertete 183 ältere Untersuchungen und damit die Daten von 122.356 Studenten neu aus. Alle Frauen und Männer hatten in insgesamt 43 verschiedenen Nationen ein Medizinstudium absolviert. Auch Deutschland war Teil der untersuchten Länder. Es zeigte sich, dass trotz unterschiedlicher Lehrpläne überall das Studium der Humanmedizin als ausgesprochen anspruchsvoll empfunden wird.

  • Bei 27 Prozent der Teilnehmer ergab die Untersuchung eine bestehende Depression, elf Prozent sprachen ehrlich über Selbstmordgedanken. Dennoch waren viele nicht in Behandlung: Nur 15,7 Prozent waren in psychologischer Betreuung.

  • Zum Vergleich: In der Allgemeinbevölkerung haben die jungen Erwachsenen bis 25 Jahren eine Depressionsquote von 9,3 Prozent, bei den 26- bis 49-Jährigen sinkt sie auf 7,2 Prozent.

Schattenseite des Studiums

Bei genauerer Nachfrage zeigt sich, dass es sich bei den meisten Studierenden nicht um eine zeitlich begrenzte, depressive Phase handelte, sondern die Gemütsprobleme sich durch das gesamte Studium zogen. Untersuchungen, die einmal vor dem Beginn der medizinischen Ausbildung und einmal nach dem Abschluss nach Depressionen geforscht hatten, sprachen eine deutliche Sprache: Nach dem Ende war die Quote an Depressionen um 14 Prozent gestiegen. 14 Prozent hatten demnach zu Beginn noch keine Depressionen und entwickelten sie während der akademischen Ausbildung.