Trotz Erblindung wieder sehen: Forscher arbeiten an einer Netzhaut-Prothese
Der Grundstein für das Wiedererlernen des Sehens ist dank einer neuartigen Retina-Prothese gelegt
Die Augen ermöglichen das Sehen und damit den primären Sinneseindruck für Menschen. Zu rund 80 Prozent verlassen wir uns bei der Wahrnehmung auf visuelle Eindrücke. Damit diese im Gehirn ankommen, gibt es die Netzhaut (auch "Retina" genannt). Sie wandelt das ankommende Licht in elektrische Impulse um und sendet diese an die zuständigen Hirnareale. Dafür sind Sinneszellen in der Netzhaut notwendig, die Fotorezeptoren. Erblindet ein Mensch im Laufe seines Lebens, sterben diese Rezeptoren ab.
Das "use it or lose it"-Prinzip
Forscher haben sich mit der Frage beschäftigt, ob erblindete Menschen durch ein passenden Implantat im Auge das Sehen neu lernen könnten. Die Voraussetzung dafür wäre es, dass die benötigten Hirnstrukturen erhalten bleiben. Bei Menschen mit Amputationen können Hirnforscher noch eine lange Zeit im Gehirn sehen, dass die Strukturen aktiv sind.
Nach dem "use it or lose it"-Prinzip verkümmern sie zwar durch den fehlenden Gebrauch, sie gehen aber nicht komplett verloren. Der Gedanke bei Erblindungen: Auch hier bleiben die Hirnareale zur Bildverarbeitung aktiv, selbst wenn über Jahre keine Impulse mehr vom Auge ankommen.
Retina-Prothese im Test
In einer kleinen Studie überprüfte man diese Hoffnung mit sieben Patienten. Alle hatten ihr Augenlicht verloren, da sie an der sogenannten "Retinitis pigmentosa" litten. Genetisch bedingt sterben dabei die Fotorezeptoren nach und nach ab. Den Freiwilligen wurde eine Retina-Prothese eingesetzt. In vielen Testläufen wurden helle Lichtblitze im dunklen Raum abgegeben und die Reaktion der Patienten mittels MRT überprüft.
Tatsächlich konnten die eigentlich Erblindeten diese Blitze wahrnehmen und auch im MRT wurde deutlich, wie die Sehrinde und der Thalamus reagierten. Obwohl viele Teilnehmer bereits seit Jahren blind waren, waren die neuronalen Verarbeitungswege weiterhin vorhanden.
Die Forscher betonen jedoch: Die experimentelle Retina-Prothese ist noch weit davon entfernt, das Sehen von differenzierten Dingen wie Gesichtern oder auch nur das Erkennen einfacher Formen zu ermöglichen, aber der Grundstein ist gelegt.
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Quelle
- http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/71245/Hirnstrukturen-fuer-das-Sehen-bleiben-nach-Erblindung-erhalten Abgerufen am 9. November 2016