Warum wirken Grippe-Impfungen bei Adipositas-Patienten seltener?

Adipositas hat vermutlich noch weitreichender Folgen für den Körper als bisher angenommen

Von Cornelia Scherpe
16. August 2016

Ärzte beobachten schon eine ganze Weile, dass adipöse Menschen trotz Schutzimpfung vergleichsweise häufig eine Grippe bekommen. Die Frage nach dem Warum war bisher nur teilweise beantwortet.

Eine mögliche Erklärung richtet den Blick auf die Antikörper. Nach der Schutzimpfung soll der Körper neutra­lisierende Antikörper bilden und sich damit auf eine mögliche Infektion vorbereiten. Bei Adipositas kommt es jedoch nur zu einer verminderten Ausbildung dieser Antikörper und daher ist der Schutz insgesamt schwächer. Diesen Minuspunkt könnte man in der Medizin umgehen, indem die Impfstoffe leicht abgewandelt und somit angepasst werden.

Angepasster Impfstoff im Versuch

Eine aktuelle Studie legt jedoch den Verdacht nahe, dass die Bildung der neutra­lisierenden Antikörper nur ein Teil des Problems ist. Offenbar ist die gesamte Immunreaktion bei Menschen mit Fettleibigkeit geschwächt.

Die neuste Erkenntnis stammt aus Versuchen mit Mäusen. Die adipösen Tiere erhielten eine Schutzimpfung gegen Grippe, die so verbessert worden war, das die verminderte Ausbildung der neutra­lisierenden Antikörper ausgeglichen sein sollte. Wäre dies das einzige Problem der Adipositas-Patienten, müsste die Schutzwirkung dann mit dem Schutz Normalgewichtiger gleichziehen. Zunächst sah es auch so aus.

Geschwächte Abwehrkräfte

Die Mäuse reagierten gut auf die Impfung und die Antikörper ließen sich in hoher Zahl im Körper nachweisen. Der Grippeschutz schien gegeben. Konfrontierte man die Mäuse jedoch mit dem realen Grippeerreger, steckten sie sich dennoch an. Die Forscher erhöhten den Impfschutz auf das Vierfache und dennoch kam es zu Infektionen. Das legt den Gedanken nahe, dass die Abwehrkräfte an sich durch die Fettleibigkeit verändert sind. Der Impfschutz kann daher selbst bei höchster Effizienz nicht so gut greifen.

Auffallend war auch, dass der Verlauf der Grippe bei adipösen Mäusen schwerer ausfiel. Die Erreger drangen beispielsweise tiefer in das Lungengewebe ein. Adipositas hat daher vermutlich noch weitreichender Folgen für den Körper als bisher angenommen.