Wozu existieren Männer? Biologen finden eine Antwort

Die Existenz von unterschiedlichen Geschlechtern hat gesundheitliche Vorteile

Von Dörte Rösler
22. Mai 2015

Feministinnen fragen sich seit Jahrzehnten, wozu Männer eigentlich gut sind. Biologen haben nun eine mögliche Antwort gefunden. Mit 50 Generationen von Käfern konnten sie zeigen, dass sexuelle Selektion das Erbgut gesund hält und damit das Überleben von Arten sichert.

Sex ist eine aufwendige Methode, um sich fortzupflanzen. Man braucht zwei Partner und viele Versuche, bis es endlich klappt. Organismen, die sich selbst vermehren können, haben es da leichter. Evolutionsbiologen fragen sich deshalb schon lange, warum es eigentlich noch Männer gibt. Alles, was sie zur Fortpflanzung beitragen, sind ihre Spermien.

Die Existenz von unterschiedlichen Geschlechtern hat aber auch Vorteile. Wenn männliche und weibliche Genome verschmelzen, können sie eventuelle genetische Fehler reparieren. Entfällt die sexuelle Selektion, sammeln sich schädliche Mutationen im Erbgut schneller an, die Spezies stirbt früher aus.

50 Generationen Käfer

Um herauszufinden, warum die Evolution an der sexuellen Fortpflanzung festhält, haben britische Wissenschaftler zehn Jahre lang Rotbraune Reismehlkäfer gezüchtet. Tribolium castaneum, so der lateinische Name des Insekts, gilt im Haushalt als Schädling. In der Genetik hat er sich zu einem wichtigen Modellsystem entwickelt, da sein Erbgut als erstes komplett sequenziert wurde.

Im Jahr 2005 teilten die Forscher ihre Käfer-Population in vier Gruppen, in denen sie sich über 50 Generationen vermehrten. In Gruppe 1 kamen immer 90 Männchen auf 10 Weibchen, in Gruppe 2 betrug das Verhältnis fünf zu eins. In Gruppe 3 kamen über 50 Generationen immer 10 männliche auf 90 weibliche Tiere zur Paarung. Gruppe 4 wiederum bestand aus Einzelpaaren.

Erst nachdem die Käfer sich auf diese Art vermehrt hatten, begann das eigentliche Experiment. Für weitere drei Jahre setzten die Forscher nur noch Geschwister zur Paarung zusammen und beobachteten, wann sich in den einzelnen Gruppen die Inzucht bemerkbar machte.

Mehr Männer, bessere Gene

Das Ergebnis: die Käfer aus den ersten beiden Gruppen, deren Erbgut einer höheren sexuellen Selektion ausgesetzt war, konnten die Schäden durch Inzucht am besten kompensieren. Sie pflanzten sich noch durchschnittlich neun Generationen fort, bevor die Inzucht ihre Linie beendete.

Wenn die Vorfahren keiner sexuellen Selektion ausgesetzt waren, starben die Käfer bereits nach sechs Generationen aus. Ihr Erbgut war demnach schon zu Beginn des zweiten Experiments durch Mutationen geschädigt.

Die Konkurrenz um Weibchen hält also die gesamte Population biologisch fit. Wenn weibliche Wesen sich einen Partner für die Fortpflanzung aussuchen können, wählen sie diejenigen mit den besten Genen.