Bakterien im Darm können ein Sättigungsgefühl entstehen lassen

Wissenschaftler besfassen sich mit einem bis dato gänzlich unbekannten Faktor, der das Hungergefühl beeinflusst

Von Cornelia Scherpe
25. November 2015

Bisher ging man in der Medizin davon aus, dass ein Sättigungsgefühl dann entsteht, wenn genügend Nahrungsvolumen im Magen vorhanden ist. Beim Ausdehnen der Magenwände reagiert der Körper mit der Ausschüttung von Sättigungshormonen und der betreffende Mensch fühlt sich zeitnah satt.

Eine aktuelle Studie mit Mäusen zeigt nun, dass es offenbar einen weiteren und bisher gänzlich unbekannten Faktor gibt: Auch Bakterien im Darm können dazu anregen, dass die entsprechenden Hormone ausgeschüttet werden. Dabei handelt es sich um die Escherichia coli-Bakterien.

Sättigungsgefühl und Wachstumsphasen

Im ersten Schritt der Studie arbeiteten die Forscher nur mit Zellen im Labor. Sie nahmen die Escherichia coli-Bakterien und fütterten diese mit Nährstoffen. Circa 20 Minuten nach einer Fütterung begannen die Mikrolebewesen mit einer Wachstumsphase. Sie hatten nun genügend Energie dafür.

Interessant ist, dass es ebenfalls circa 20 Minuten dauert, bis beim Essen ein Sättigungsgefühl im Menschen entsteht. Die Forscher wollten daher wissen, ob diese zeitliche Übereinstimmung nur ein Zufall ist. Sie betrachteten zur Klärung der Frage die Wachstumsphase der Bakterien genauer.

Menge und Häufigkeit der Nahrungsaufnahme

Es zeigte sich, dass während des Wachstums verschiedene Eiweiße produziert werden, die sonst nicht im Bakterium anzutreffen sind. Eines dieser Proteine, "ClpB", ähnelt dabei im Aufbau einem bekannten Sättigungshormon. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass die Produktion dieses Proteins ein Stoppsignal für den Hunger aussendet, oder zumindest die Produktion der körpereigenen Sättigungsbotenstoffe anregt.

Dies überprüfte man nun im Tierexperiment. Mäuse bekamen ClpB direkt in den Darm verabreicht und tatsächlich veränderte sich zeitnah der Hormonhaushalt im Magen-Darm-Trakt der Tiere.

  • Es wurden mehr Sättigungshormone ausgeschüttet und
  • das Fressverhalten der Tiere änderte sich sichtbar.

Alle Mäuse, die für sieben Tage die Proteine verabreicht bekamen, nahmen insgesamt weniger Futter zu sich. Sie fraßen allerdings häufiger, was für das klassische Ernährungsbild spricht: Lieber mehrere, kleinere Mahlzeiten am Tag, als wenige und dafür große Portionen.