Schreiende Menschen: Warum wirken Schreie so verstörend?

Anthropologen und Psychologen erklären das Phänomen der menschlichen Reaktion auf Schreie

Von Cornelia Scherpe
17. Juli 2015

Jeder Mensch hat schon einmal einen Mitmenschen schreien gehört. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Baby oder einen Erwachsenen handelt und ob es ein männlicher oder weiblicher Schrei ist. Hören wir einen richtigen Schrei, fahren wir instinktiv zusammen und spüren für einen Moment ein verstörendes Gefühl.

Viele würden sagen, sie fühlen sich ängstlich, andere beschreiben, dass der gehörte Schrei sie besonders aufmerksam oder gar kampfbereit gemacht hat. Nicht selten ist es auch eine Mischung aus beidem. Doch warum lösen schreiende Menschen diese starken Reaktionen in uns aus?

Reaktion eines sozialen Wesens

Anthropologen (Forscher der menschlichen Natur) und Psychologen können dieses Phänomen erklären. Der Mensch ist seit jeher ein soziales Wesen und lebt in Gruppen zusammen. Alle Tiere, die in der Natur im Verband leben, reagieren auf ihre Gruppenmitglieder. Fliegt ein Schwarmvogel plötzlich weg, werden die anderem ihm folgen - auch wenn sie selbst nicht gesehen haben, was den ersten Vogel zur Flucht angeregt hat.

Der menschliche Schrei ist für die Mitmenschen ein ähnliches Warnsignal. Hören wir einen offensichtlichen Angst- oder Schmerzensschrei, werden wir nervös, ängstlich, oder kampfbereit. Dies ist der Instinkt, dass ein anderes Mitglied der Gruppe offenbar mit etwas konfrontiert ist, dass dieser Person Probleme macht. Der Auslöser dieses Problems könnte auch für einen selbst gefährlich werden und daher ist der Schrei ein Alarm.

Erinnerung und Angst im Gehirn

Eine aktuelle Studie hat in diesem Zusammenhang belegt, dass die Schreie umso verstörender wirken, je rauer sie klingen. Getestet wurde das im Labor mit Freiwilligen, die sich mittels Magnettomografen untersuchen ließen, während die Forscher verschiedene Geräusche und unterschiedliche Menschenschreie abspielten.

Ein menschlicher Schrei aktiviert demnach im Gehirn genau die Areale, die für unsere Erinnerung und für die Angst zuständig sind. Je rauer der Schrei dabei ist, desto höher die Aktivität.