Wer Antibiotika will, sollte nachmittags zum Arzt gehen

Entscheidungsmüdigkeit der Ärzte steigt zum Nachmittag an und führt zu weniger Selbstkontrolle

Von Nicole Freialdenhoven
2. Dezember 2014

Seit längerem steht der maßlose Einsatz von Antibiotika am Pranger, der immer häufiger zu Resistenzen führt. Dabei sind es oft die Patienten, die Druck auf ihren Hausarzt ausüben, weil sie unbedingt ein Rezept für Antibiotika wollen.

Eine Untersuchung aus Boston kam nun zu der Erkenntnis, dass Patienten vor allem am Nachmittag ihren Kopf durchsetzen können, wenn bei den Medizinern die sogenannte Entscheidungsmüdigkeit größer ist. Dieser Begriff wurde ursprünglich in der Justiz geprägt: Richter verhängen am späteren Nachmittag oft härtere Strafen, weil sie immer erschöpfter und resignierter werden.

Erhalten der Selbstkontrolle durch Pausen

Ähnliches lässt sich auch bei Ärzten beobachten: Auch wenn sie genau wissen, dass das gewünschte Antibiotikum keine Wirkung erzielen wird, greifen sie dennoch resigniert zum Rezeptblock, weil der Patient Druck ausübt.

Für die Studie wurden die Daten von 21.867 Patienten ausgewertet, die bei einem akuten Atemwegsinfekt ihren Arzt aufsuchten. Obwohl Antibiotika bei derartigen Erkrankungen sinnlos sind, stellten Ärzte in 44 Prozent der Fälle ein Rezept aus, wobei die Verschreibungsrate nachmittag stark anstieg. Die Wissenschaftler empfehlen Ärzten häufigere Pausen und anders getaktete Sprechstunden um auch nachmittags die Selbstkontrolle aufrecht zu erhalten.