Bei retrograder Amnesie können die Erinnerungen zurückgebracht werden
Forscher untersuchen, ob Informationen gelöscht werden, oder Betroffene eine Abrufstörung der Daten erleiden
Menschen mit einer sogenannten "retrograden Amnesie" haben einen Teil ihres Gedächtnisses verloren. Der Verlust bestimmter Erinnerungen kann durch einen Unfall mit Kopfverletzung, durch Krankheiten (z.B. Alzheimer) oder auch durch ein Trauma geschehen.
Informationsverlust oder Abrufstörung?
Bisher herrschte in der Medizin eine Uneinigkeit darüber, ob die Informationen wirklich gelöscht werden, oder ob Betroffene eine Art Abrufstörung der Daten entwickelt haben. Forscher zeigen in einem spannenden Experiment, dass offenbar der zweite Fall zutrifft. Außerdem können die Informationen offenbar gezielt reaktiviert werden.
Forscher griffen dafür auf das bereits gesammelte Wissen rund um das Gedächtnis zurück. Man weiß aus einigen Untersuchungen bereits, welche Nerven im Hirn dafür da sind, Erinnerungen entstehen zu lassen.
Man nahm nun Versuchstiere, die genetisch so gezüchtet waren, dass genau diese Nerven verändert waren. Sie wurden bei einer entstehenden Erinnerung "markiert". So konnte man sehen, wann eine Erinnerung entsteht.
Unangenehme Erinnerungen
Nun setzte man die Mäuse in eine Kammer mit gut wiedererkennbaren Merkmalen. Mit leichten Stromschlägen schufen die Forscher bei den Tieren eine unangenehme Erinnerung. Wie erwartet, wurden die Tiere auch später ängstlich, wenn man sie in den gleichen Raum setzte.
Sie verbanden den Raum mit den Stromschlägen aus der Vergangenheit. Auch die Markierung der Nervenzellen zeigte, dass eine Erinnerung ins Gehirn geschrieben worden war.
Ausgelöschtes reaktivierbar
Im Anschluss an diese Testphase nahmen die Forscher eine Substanz, mit der man nachweislich eine Amnesie auslösen kann. Die so behandelten Tiere zeigten keine Angst mehr, wenn sie in die Kammer kamen, denn die Erinnerung an die Stromschläge war verschwunden. Doch die Forscher konnten durch gezielte Lichtimpulse die Erinnerung reaktivieren.
Die Markierung im Gehirn der Tiere reagierte auf das Licht und schaltete die von der Substanz deaktivierten Nervenzellen wieder an. Die Erinnerungen waren also tatsächlich nicht gelöscht gewesen, sondern durch eine Abrufstörung blockiert. Nach der Lichttherapie zeigten die Mäuse wieder Angst und hatten demnach ihre Erinnerung zurück.
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