Im Schlaf gelernt: Forscher entschlüsseln, wie das Gehirn beim Schlafen Wissen speichert

Die Nacht vor einer Prüfung sollte man besser zum Schlafen als zum Lernen nutzen

Von Cornelia Scherpe
24. Mai 2019

Schlaf ist längst nicht nur da, um den Körper zu erholen, das weiß die Medizin seit geraumer Zeit. Das Gehirn nutzt die Ruhestunden, um das Erlebte des Tages zu verarbeiten und bei Bedarf neue Strukturen aufzubauen. Daher gilt es als lohnenswert, nach einer Lernphase tief und fest zu schlafen. Wie genau das Gehirn dabei neues Wissen abspeichert, haben sich jetzt Neurologen im Schlaflabor angesehen.

An der Universität Tübingen wurden gesunde Probanden gebeten, sich eine Liste mit Wörtern einzuprägen. Insgesamt standen ihnen sieben Wiederholungen zur Verfügung. Während des Lernprozesses wurde die Aktivität der Gehirne mittels MRT betrachtet. Zunächst wurden zwei Regionen aktiv: die Großhirnrinde und der Hippocampus. Letzterer ist am Anfang am aktivsten, denn hier sitzt eine Schnittstelle zum Kurzzeitgedächtnis. Beim Wiederholen werden die kurzfristigen Informationen nach und nach in die Großhirnrinde übertragen. Bei den sieben Wiederholungen innerhalb einer Stunde wurde die Großhirnrinde daher immer stärker aktiv, während der Hippocampus seine Aktivität langsam verringerte. Das bedeutet, dass auch binnen einer Stunde schon Gedächt­nisspuren aufgebaut werden, die in der Großhirnrinde ihren Sitz finden. Doch wie dauerhaft ist dieser Sitz nach 60 Minuten lernen?

Nach zwölf Stunden erhielten die Teilnehmer erneut die alte Liste sowie eine weitere Wortliste vorgelegt. Eine Teilgruppe hatte in der Zwischenzeit geschlafen, die andere nicht. Dies wirkte sich messbar auf das Erinnern der alten Liste aus:

Wer geschlafen hatte, benötigte für die alte Wortliste nur noch die Großhirnrinde. Allein für die neuen Wörter wurde der Hippocampus wieder aktiv. Teilnehmer, die nicht geschlafen hatten, benötigten hingegen bei beiden Listen den Hippocampus. Ohne Schlaf war die alte Wortliste also noch nicht dauerhaft im Gedächtnis abgelegt. Ausreichende Schlafphasen beim Lernen sind also sehr viel effektiver als stundenlanges Pauken durch die Nachtruhe hindurch.