Umdenken bei Magersucht und Bulimie: Die Mehrheit der Patienten wird wieder gesund

Studienergebnisse ermutigen Experten, Angehörige und Freunde eines Betroffenen, auch schwierige Fälle nicht aufzugeben

Von Cornelia Scherpe
2. Januar 2017

Magersucht und Bulimie sind die bekanntesten Essstörungen und leider auch weit verbreitet. Psychologen und Ernährungswissenschaftler gehen davon aus, dass eine Therapie sehr schwierig und viele Betroffene ein Leben lang unter ihrer Krankheit leiden. Doch eine aktuelle Studie macht nicht nur Hoffnung, sie deutet sogar auf das Gegenteil der bisherigen Annahme hin: Magersucht und Bulimie vergehen mit den Jahren bei nicht wenigen.

Erhöhtes Sterberisiko

Die Magersucht ist eine Sonderform der sogenannten Anorexie. Bei der Anorexie handelt es sich um eine krankhafte Appetitlosigkeit, weshalb auch der Name "Inappetenz" in der Medizin genutzt wird. Magersuchtpatienten essen extrem wenig und hungern daher ihren Körper so stark herab, dass es lebensbedrohlich werden kann. Bulimie dagegen ist eine Ess-Brechsucht, bei der die Erkrankten große Mengen essen und später ein Erbrechen erzwingen.

Beide Essstörungen erhöhen nachweislich das Sterberisiko. In einer aktuellen Studie mit 246 erkrankten Frauen bestätigte sich dies einmal mehr. Die Patientinnen wurden seit 1987 begleitet und befanden sich damals im Teenageralter. In den folgenden Jahren verstarben 16 der Frauen, was 6,5 Prozent entspricht. Vergleicht man dies mit der Sterblichkeit in der Normalbevölkerung, gehen die Essstörungen mit einem 4,4 fachen Risiko einher.

Auch schwierige Fälle nicht aufgeben

Doch wie entwickelte sich das Leben der Patientinnen, die nicht verstarben? Nach 22 Jahren konnte man die Frauen erneut befragen und untersuchen. Tatsächlich hatten sich mit 62,8 Prozent mehr als die Hälfte komplett von ihrer Krankheit erholt. Als gesund galten die Frauen dann, wenn sie seit mindestens zwölf Monaten keine Anzeichen mehr von Magersucht und/oder Bulimie zeigten.

Das Studienergebnis spricht damit klar gegen die bisherige Einschätzung, dass nach zehn Jahren bestehender Essstörung ein Patient als unheilbar eingeschätzt werden muss. Die Forscher der Studie ermutigen daher ihre Kollegen sowie die Angehörigen und Freunde eines Betroffenen, auch schwierige Fälle nicht aufzugeben. Mit dem Erwachsenwerden verändert sich oft die Sicht auf den Körper und der Patient wird empfänglicher für Verhaltenstherapien.