Der Joghurtbecher wird zur Prothese: Deutscher Forscher will Ersatzkörperteile für 10 Euro erstellen

Mit einer revolutionären Idee will ein Wissenschaftler aus Bayern Prothesen für alle Menschen erschwinglich machen

Von Cornelia Scherpe
26. August 2016

Prothesen ermöglichen es Patienten, trotz Amputationen ein halbwegs normales Leben zu führen. Doch viele Menschen auf der Welt können sich die teuren Ersatzkörperteile gar nicht leisten. Um auch arme Menschen in Kriegs- und Krisengebieten zu erreichen, will ein Forscher aus Deutschland neue Prothesen für wenige Euro herstellen.

Betrachtet man den Globus, stammen die meisten Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen aus den ärmsten Ländern der Welt (80 Prozent). Sie haben durch Landminen und Bombenangriffe Arme oder Beine verloren und können von einer Prothese wie hierzulande nur träumen. Die Herstellung ist teuer, denn jedes Stück muss individuell angefertigt und auf den Stumpf angepasst sein.

Prothesen via Plastikbecher und App

Ein Wissenschaftler aus Bayern will Prothesen für alle Menschen erschwinglich machen. Seine Idee: statt teuren Materialien wird Plastikmüll sinnvoll recycelt. Beispielsweise Plastikbecher für Joghurt können als Rohmaterial dienen. Die Polymilchsäure (PLA) wird zerkleinert, verarbeitet und landet im 3D-Drucker. Mit diesem wird die benötigte Prothese hergestellt.

Das Problem der individuellen Vermessung des Patienten hat der Forscher ebenfalls bedacht. Es soll eine App geben, mit der ein Arzt vor Ort die notwendigen Bilder vom Stumpf des Patienten macht. Er muss dafür mit seinem Smartphone nur einmal um den Patienten gehen und rund 25 Fotos machen. Jedes Bild überschneidet sich leicht mit dem nächsten, wodurch eine Software ein 3D-Bild errechnen kann.

Ersatzkörperteile in der Machbarkeitsstudie

Die Daten werden an den 3D-Drucker gesendet und die Prothese kann gedruckt werden. Die fertige und individuell angepasste Prothese muss im letzten Schritt noch mit etwas Silikon versehen werden, damit die Haut später nicht gereizt wird.

Der Forscher hat bereits berechnet: Dank des günstigen Ausgangsmaterials und einem 3D-Drucker für rund 4.500 Euro würde eine Prothese am Ende etwa zehn Euro kosten. Aktuell ist die Entwicklung der besonders günstigen Ersatzkörperteile in einer sogenannten Machbarkeitsstudie. Gemeinsam mit einem Team analysiert der Forscher die Möglichkeiten und eventuellen Probleme der Umsetzung.