Multiple Sklerose könnte im Anfangsstadium heilbar werden: Forscher nutzen Tuberkulose-Impfung

Von Cornelia Scherpe
10. Dezember 2013

Schon des Öfteren ist es vorgekommen, dass ein Wirkstoff nicht nur gegen das Leiden hilft, für das er entwickelt wurde, sondern gegen mehrere Krankheiten zum Einsatz gebracht werden kann. Ein solcher Fall könnte nun auch bei einem Tuber­kulose-Impfstoff vorliegen.

Impfschutz BCG bei Tuberkulose nicht umfassend genug

Der Impfschutz wird "BCG" abgekürzt, was für "Bacille-Calmette-Guérin-Impfung" steht. Der Schutz wurde in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges genutzt. Seit 1998 hat die Ständige Impfkommission STIKO die Empfehlung allerdings zurückgezogen, da Studien zeigen konnten, dass der Schutz vor Tuberkulose nicht umfassend genug ist. Dennoch gibt es den Impfstoff noch und eine Langzeitstudie zeigt nun, dass er ganz unverhofft wohl auch gegen Multiple Sklerose hilft.

Studie zu möglichem Mehrfachnutzen von BCG

Bereits im Jahr 2000 setzte sich eine italienische Studie mit dem möglichen Mehrfachnutzen auseinander. Die Forscher konnten damals zeigen, dass durch die Vergabe des Impfstoffes gefährliche Läsionen im Gehirn vermindert auftreten. Sichtbar wurde dies mittels Kernspintomographie. Multiple Sklerose ist eine Krankheit, bei der es in Schüben zu Läsionen im Gehirn kommt. Da der genaue Verlauf aber unvorhersehbar ist, nahm man zunächst von der Idee Abstand, den Tuberkulose-Schutz auch bei MS einzusetzen.

Es wurde jedoch 2009 in Rom eine Langzeitstudie mit 82 Freiwilligen gestartet. Alle litten an Symptomen, die auf eine beginnende multiple Sklerose hindeuten: Seh- und Gleichgewichts­störungen, sowie übersteigerte Berührungsempfindlichkeit. 41 Probanden erhielten BCG und die übrige Hälfte bekam ein Placebo. Nach sechs Monaten erhielten alle Teilnehmer eine Interferon-Therapie gegen multiple Sklerose und nach einem weiteren Jahr sollten die Neurologen entscheiden, welche weitere Behandlung sinnvoll ist.

Impfstoff BCG kann Ausbruch multipler Sklerose verlangsamen

Das Ergebnis war deutlich! In der BCG-Gruppe traten im ersten halben Jahr weniger Läsionen auf als in der Placebogruppe (drei vs. sieben Fälle). Auch nach fünf Jahren geht es der BCG-Gruppe besser. Bei nur 42 Prozent ist die multiple Sklerose inzwischen ausgebrochen, während es in der Placebogruppe schon 70 Prozent betrifft.